Wenigstens drei ritterliche Leitbilder werden heutzutage von Geistlichen, Sängern und Dichtern gepredigt, und sie vertragen sich schlecht mit einander und mit dem Alltag.
Die erste dieser Idealfiguren, der geistliche Ritter, ist der Streiter seines Gottes, der Starke, der den Schwachen dient. Er hilft seiner Kirche, den Priestern, Witwen, Waisen, Kranken, Pilgern, den Tieren und sogar den Ungläubigen. Sein selbstloser Dienst überwindet die Unordnung der Welt und schafft Gerechtigkeit. Seine asketische Zucht erhöht sein hiesiges Dasein und verheisst ihm Belohnung im Jenseits.
In vielen Landen und vor allem in den klerikalen Orden verkörpert sich dieses Ideal. Aber es gefällt nicht allen. Mit dem Schwert dreinschlagen tut man scheinbar doppelt gern, wenn es auch dem Lichte dient, doch die Begleiterscheinungen dieses Leitbildes kommen wohl viele Ritter hart an. Sie scheuen sich, den Armen die schmutzigen Füße zu waschen und sich mit Aussätzigen abzugeben...
Dieses zweite Leitbild des galanten Ritters scheint beliebter als das des geistlichen. Der Ritter dient der gnädigen Frau und redet sie gelegentlich schon so an. Gewöhnlich ist es die Gemahlin eines anderen. Mit graziösen Liedern macht er ihr den Hof und er streitet für ihren Ruhm. Die ungelöste Spannung erzieht den Liebenden.
Letztlich gibt es noch die Vorkämpfer für das dritte ritterliche Leitbild, für den höfischen Ritter. Prächtig umrahmt von erlesenen Waffen, Gewändern und Pferden, dient der höfische Ritter den Maßstäben seiner Gruppe, Ehre und Minne. Er ist nicht allzu galant auch nicht zu fromm; er sucht die Grenzsituation des Abenteuers, um in ihr die ritterliche Haltung zu finden.

gezeichnet
Bruder Tcharak
Paladin Nestras vom Kloster Kenish Urleis