Die Legende des Heiligen Bernhards

Vor vielen Jahren, als die Leute von Uri noch in Feindschaft mit Burgund lagen, gab es oben an der Grenze, nahe dem Zillerpass, eine Wirtschaft mit Namen `Zur Goldenen Gams`.

Dies war ein Ort wo die `Grenzläufer` sich sammelten, ihre Beute verkauften und ihre Pausen machten .Der Gamswirt war Bernhard von Erstfeld, bekannt für seinen selbstgebrannten Edelweißschnaps, seine Gottesfurcht und sein wildes Draufgängertum, er war der Anführer dieser mörderischen Bande.
(Bande natürlich nur im Auge der Burgunder)

Die Wirtschaft wurde, den Burgundern bald ein Dorn im Auge, und der Wirt galt ihnen als Staatsfeind. So hat man ein Heer gesandt, um diesen Hort der Unruhe zu beseitigen und Uri zu besetzen. Die Burgunder, welche über keinerlei Erfahrung im Gebirgskampf verfügten, erlitten bald schwere Verluste. Dennoch gelang es ihnen einen Ring um das Wirtshaus zu legen. Der war so eng, das nicht mal eine Maus ungesehen hindurch gelangte.

Nachdem die Belagerung bald in die achte Woche ging, standen von den 50 Verteidigern noch vier Männer und zwei Frauen. Doch auf Seiten Burgunds waren die Verluste um ein vielfaches höher. 500 der Angreifer sollten die grünen, fruchtbaren Ebenen ihrer Heimat nicht mehr erblicken. Die Speisevorräte waren aufgebraucht, der letzte Krümel Käse und die letzte Speckschwarte war schon vor Tagen verteilt worden. Der Hunger setzte den Verteidigern arg zu. Einzig die Fässer mit Schnaps waren noch gut gefüllt.

In dieser aussichtslosen Lage, beschlossen die Verteidiger um Bernhard, dass es nun an der Zeit sei, einen Ausfall zu wagen. Sie wussten, dass die Burgunder nicht zu besiegen waren. Aber dennoch wollten sie, wenn sie hier schon ihren Tot fanden, so viele der Feinde als möglich mitnehmen. In der Hoffnung dem Tode schmerzlos entgegen zu blicken, nahm der Wirt einen großen Becher von seinem Schnaps, erhob ihm zum Himmel und sprach: "Allmächtige Götter, hier stehe ich mit meinen Gefährten, bereit uns zu opfern für die Freiheit unseres Volkes und des Landes. Lasst unseren Tot nicht umsonst sein! Auf Uri! Fryheit oder Tot!"

Die Burgunder bliesen erneut zum Angriff, als Bernhard seinen Becher an die Lippen führte und ihn in einem Zuge leerte. Er wandte sich zu seinen Gefährten, die es ihm gleich taten und sprach: „Schweres Draufschlagen folgt jetzt, wollen wir mal sehen wer am schwersten schlägt!“ Während die Männer sich abwechselnd in der Tür des Hauses verteidigten, reichten die Frauen ihnen ständig neu gefüllte Becher nach. Bald waren alle in der Wirtsstube in solch einem Rausch, dass sie weder Schmerz noch Furcht empfanden. Sie schlugen mit solch einer Macht drein, dass die angreifenden Truppen immer weiter zurückwichen. So gelang den Kumpanen auch der geplante Ausfall.

Die Burgundern, die diese wilden Bergbewohner, sahen, wie sie, den Tod verachtend, losstürmten, wurden bleich vor Schrecken. Sie verließ aller Kampfesmut. Angsterfüllt ließen sie die Waffen fallen und flohen in ihre Heimat. Doch ein Burgunder Offizier, ein wenig mutiger als alle anderen, stellte sich verzweifelt gegen Bernhard. Beide hieben aufeinander ein, den Tod vor Augen, wurden die Schläge des anderen nicht pariert. So gelang es dem Welschen, noch ehe er sein Leben aushauchte den Gamswirte aufs schwerste zu verwunden.

Am Boden liegend, blutend aus vielen schweren Wunden, bedankte sich Bernhard bei seinen Gefährten, schaute zum letzten Male auf sein geliebtes Uri, und sprach die Worte: "In Fryheit geboren, werde ich in Fryheit zum Allmächtigen gehen. Uri hoch!" Die Männer, welche im Kampfe siegreich waren, erlagen in der folgenden Nacht ihren Wunden. Keiner hat mehr das Morgengrauen gesehen.

Als die Sonne an diesem Morgen über die Berge hinaufstieg, war Uri von den Burgundern befreit. Am Abend zuvor war es in allen Tälern zum Aufstand gekommen. Die tapferen Männer verfolgten nun die ehemaligen Besatzer und trieben sie außer Landes. Auf der Suche nach flüchtigen Soldaten gelangte ein Trupp zum Zillerpass. Auf dem Wege zum Gasthaus sahen sie was hier oben in den Bergen geschehen war. Inmitten von Bergen erschlagener Feinde fanden sie Hilde, die Schwester Bernhards, wie sie ihren toten Bruder im Arm hielt. Auch ihre Cousine Anna hat die Schlacht bei der Goldenen Gams überlebt.

Der Gamswirt und seine Gefährten wurden am Fuße des Zillerpasses zu Grabe getragen. Auf einer steinernen Tafel sind untere den Worten `Freyheit oder Tod` alle ihre Namen verzeichnet. So erinnert dieses Grabmal die Menschen aus den Tälern Uris immer daran, dass es besser ist für seine Freiheit zu kämpfen und zu sterben als in Knechtschaft zu leben.

Hilde und Anna haben gelobt das Andenken an die Helden vom Zillerpass zu bewahren und den Kampf Uris um seine Freiheit zu unterstützen, wie sie es damals droben im Gasthaus getan haben. Bald schlossen sich ihnen andere Frauen an. So entstand der Schwesternorden des Heiligen Bernhard und Hilde war ihre erste Äbtissin. Nur wenige Jahre später errichteten sie beim Grabe von Bernhard ihr erstes Kloster.

Der Orden hat sich ganz der Heilung, dem Schutz der Bedürftigen und dem Wohl Uris verschrieben. Seit den Anfängen sind, wo auch immer Männer und Frauen aus Uri kämpfen, auch Schwestern vom Orden des heiligen Bernhard mit dabei. ihre Aufgabe ist es die Verwundeten und Kranken zu pflegen und zu Heilen. Mittlerweile grenzen ihre Heilkünste fast an Wundergaben und es werden sich darüber viele geheimnisvollen, sagenhaften Geschichten erzählt. Legenden wissen auch darüber zu berichten, das ihre Künste mit dem Fässchen Edelweißschnaps, dass die Schwester ständig bei sich tragen, zusammenhängen.

Die Schwestern sind in Uri sehr hoch angesehen und so leicht widerspricht man ihren Anweisungen nicht. Die Worte der Äbtissin haben in der Volksversammlung von Uri ein besonderes Gewicht. Denn niemals würde man bei einer wichtigen Unternehmung auf den Segen des heiligen Bernhards verzichten wollen.